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Kleine Geschichte des Vereins für sächsische Landesgeschichte:

Vom königlichen Altertumsverein bis zur Gegenwart

Der Verein für sächsische Landesgeschichte hat seine Wurzeln im frühen 19. Jahrhundert, als in Deutschland zahlreiche Geschichts- und Altertumsvereine entstanden. Der „Königlich Sächsische Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer“ von 1824 gehörte zu den frühesten derartigen Gründungen. Zunächst standen Erforschung, Erfassung und Erhalt bedrohter Bau- und Kunstdenkmäler im Vordergrund der Tätigkeit des Vereins, der seit 1837 den Namen „Königlich Sächsischer Altertumsverein“ trug. Nachgeborene Kronprinzen aus dem wettinischen Königshaus hatten das oberste Direktorium des Vereins inne, so zunächst Prinz Johann, der Geschichte und Kultur in besonderem Maße zugetan war, später dann Prinz Georg. Im Winter versammelten sich die Mitglieder im Prinzenpalais im Blüherpark, im Sommer auch im Palais im Großen Garten. Dort wurde die Sammlung der Kunstgegenstände des Vereins untergebracht sowie eine Bibliothek eingerichtet. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts traten neben den Aktivitäten zum Denkmalschutz vermehrt Vorträge über landesgeschichtliche Themen in den Vordergrund. Der Verein bestand vorwiegend aus Angehörigen der gehobenen Beamtenschaft der Residenzstadt Dresden.

Palais im Großen Garten, Foto: Judith Matzke
Palais im Großen Garten, Foto: Judith Matzke

Bemerkenswert ist, dass sich zwischen 1857 und 1880 nach dem Vorbild des Dresdner Vereins auch anderswo in den sächsischen Städten Altertumsvereine bildeten, mit denen der Sächsische Altertumsverein enge Beziehungen pflegte. Dieser spielte aber auch eine entscheidende Rolle für den Zusammenschluss der Altertumsvereine in ganz Deutschland, der bis heute im Gesamtverein der deutschen Altertumsvereine weiterlebt. Auch für diese deutschlandweite Vereinigung war Prinz Johann bei einem Treffen 1852 in Dresden eine wichtige treibende Kraft.

Für die sächsische Landesgeschichtsforschung zukunftsweisend war 1878 die Verschmelzung der regelmäßigen Mitteilungen des Vereins mit der vom Hauptstaatsarchiv Dresden herausgegebenen Zeitschrift „Archiv für die Sächsische Geschichte“ zum „Neuen Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde“. Die Zeitschrift erschien mit staatlicher Unterstützung fortan in Herausgeberschaft des Vereins. Auch weitere wichtige Publikationsunternehmungen gingen auf Anstöße aus dem sächsischen Altertumsverein zurück, so das Sächsische Urkundenbuch (Codex diplomaticus Saxoniae regiae, ab 1864) und die „Beschreibenden Darstellungen der Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen“ (ab 1882). Mit dem Archivar und langjährigen zweiten Vorsitzenden des Vereins Hubert Ermisch übernahmen professionelle Historiker am Ende des 19. Jahrhunderts die Führung im Verein. Gleichzeitig erwuchs dem Landesverein seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem „Sächsischen Heimatschutz“ eine neue Konkurrenz, der sich neben der Heimatgeschichte vor allem der Volkskunst, Architektur und Landschaftspflege widmete.

Das Ende der Monarchie 1918 bedeutete für den sehr eng mit dem wettinischen Haus verbundenen Sächsischen Altertumsverein einen tiefen Einschnitt. Die Geschichte des Vereins in den darauffolgenden Zeitabschnitten der Weimarer Republik und der NS-Zeit muss noch näher erforscht werden. Die Vereinsauflösung 1946 auf Weisung der Sowjetischen Militäradministration durch das Polizeipräsidium Dresden bedeutete den Abbruch einer mehr als 120jährigen Kontinuität. Die Pflege von Regional-, Heimat- und Ortsgeschichte vollzog sich zu DDR-Zeiten in Sachsen im Rahmen des staatlich gesteuerten Kulturbunds, der kulturellen Massenorganisation in der DDR, innerhalb deren 1979 eine Gesellschaft für Heimatgeschichte gegründet wurde. Auch die Sächsischen Heimatblätter, Publikationsmöglichkeit für landesgeschichtliche Themen in Sachsen, erschienen in der DDR im Auftrag des Kulturbunds.

In ausdrücklicher Anknüpfung an den 1946 aufgelösten Sächsischen Altertumsverein wurde 1992 der Verein für sächsische Landesgeschichte gegründet. Historikerinnen und Historiker aus Universitäten, Archiven und anderen Kulturinstitutionen und historisch interessierte Bürgerinnen und Bürger schlossen sich unter dem Eindruck des demokratischen Neuanfangs im Freistaat und im wiedervereinigten Deutschland zusammen, um eine neue, ins ganze Land ausstrahlende Plattform für die Pflege sächsischer Geschichte und Kultur zu schaffen. So wirkt der Verein seither in Form von Publikationen, Vorträgen, Tagungen und Exkursionen an der Erforschung und Popularisierung sächsischer Geschichte mit.

Zur Feier des Jubiläums der Gründung des Vorgängervereins planen wir unter dem Motto „200 Jahre Geschichtsarbeit für Sachsen“ an drei Tagen vom 18. bis 20. Oktober 2024 mehrere Veranstaltungen im Palais im Großen Garten – siehe 200 Jahre Sächsischer Altertumsverein – Festveranstaltungen zum Jubiläum. Sie dienen der forschenden Rückschau wie auch der Vernetzung und Kommunikation zwischen Geschichtsvereinen, Institutionen und Wissenschaft in Sachsen wie auch bundesweit. Der Verein für sächsische Landesgeschichte möchte auf diese Weise seine Bekanntheit steigern und seine Position in der Geschichtspflege in Sachsen neu bestimmen.

Autor:

Prof. Dr. Joachim Schneider

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